Paul Beuter
Rede am 18.11.2024 im Kreistag Hochtaunus
zum Antrag:
„Integriertes Klimaschutzkonzept“
Ende März nächsten Jahres ist es 25 Jahre her, daß das erste EEG-Gesetz eingeführt wurde. So lange wird in Deutschland die dirigistische Energiewende betrieben. Das 1991 erlassene Stromeinspeisegesetz setzte noch auf marktwirtschaftliche Mechanismen und es zeigte sich, daß erneuerbare Energien nicht wettbewerbsfähig sind.
Warum sollte man also nach 25 Jahren Energiewende noch ein „Integriertes Klimaschutzkonzept“ für den HTK verabschieden ?
Schauen wir uns die Situation nach 25 Jahren Energiewende an:
Den Bürgern wurde versprochen, daß die Energiewende pro Haushalt und Monat nicht mehr als eine Kugel Eis kosten sollte.
Inzwischen sind es fast 50 Eiskugeln pro Monat.
Bürger und Industrie haben die bisherige Energiewende mit 350 Mrd. Euro Mehrkosten subventioniert.
Es wurden Solar- und Windenergieanlagen aufgebaut, deren Kapazität von der Nennleistung her jeweils die höchsten Bedarfsspitzen im Land decken könnten.
Gerade in den letzten Wochen haben wir erlebt, daß bei ständig bedecktem Himmel und häufig schwachem Wind die Solaranlagen praktisch keinen und die Windkraftanlagen nur wenige Prozent ihrer Kapazität erreichen.
Aufgrund dieser systembedingten Schwächen, der fehlenden Steuerbarkeit der Produktion von Solar- und Windkraftanlagen können beide Produktionstypen nur ca. 50 % des gesamten Strombedarfs decken. Der Rest muß durch konventionelle Erzeuger Gas, Kohle, Öl produziert werden. So lag der CO2-Ausstoß in den letzten Wochen häufig bei 500 g/KWh während der importierte Strom aus Frankreich, vorwiegend Atomstrom, nur 50 g/KWh verursachte.
Der Importstrom kostet dann mitunter 1.000 oder auch mal 2.000 Euro pro MWh, während der normale Börsenpreis zu Zeiten ohne Importbedarf derzeit bei 50-60 Euro pro MWh beträgt.
Um das deutsche Stromnetz stabil zu halten, waren vor der Energiewende ca. 20 Regelungseingriffe (Redispatche) pro Jahr notwendig. Heute sind es über 15.000. Dies verursacht immense Kosten und erhöht das Risiko von Ausfällen und einem Blackout.
Die Blackout-Übungen landauf- landab werden nicht ohne Grund gemacht.
Das Ergebnis von 25 Jahren Energiewende ist also eine unzuverlässige Stromversorgung, Abhängigkeit vom Ausland und die höchsten Energiepreise weltweit.
Die Auswirkungen dieser schädlichen Politik werden immer offensichtlicher:
Die politisch herbeigeführte Energiepreisexplosion zerstört die internationale Wettbewerbsfähigkeit der inländischen Industrie. Weniger Produktion bedeutet weniger Arbeit, weniger Einkommen, weniger Steuern. Die Konsumlaune und auch die Konsumfähigkeit der Bevölkerung sinkt, so daß sich das Land insgesamt in einem ökonomischen und sozialen Abwärtstrend befindet:
Insolvenzen, Produktionsrückgänge, Gewinneinbrüche, Werksschließungen ….
Es wird immer gesagt, Deutschland müsse mit unserer Energie-wende ein Vorbild für die Welt sein. Das sind wir auch:
Aber ein negatives !
So schrieb das Wallstreet Journal schon 2019 von der „dümmsten Energiepolitik weltweit“
Und die Harvard International Review titelte im Mai dieses Jahres:
„Germany’s Energy Crisis:Europe’s Leading Economy is falling behind“„Deutschlands Energiekrise:Europas führende Wirtschaft fällt zurück“
Die internationale Entwicklung zeigt auch, daß die Dekarbonisierung nicht realistisch ist. In China werden Monat für Monat mehr neue Kohlekraftwerke in Betrieb genommen als Deutschland besitzt. Indien, das bevölkerungsreichste Land setzt voll auf Kohle, ebenso Pakistan. Die Menschen in den weniger entwickelten Ländern wollen ihre Lebenssituation verbessern und nutzen dafür preiswerte Energieträger. Wenn sie arm sind, Holz oder Dung, später Strom aus Kohle.
Deutschland wird also mit seinen 2,5 % der weltweiten CO2-Emissionen keinen wesentlichen Einfluß auf die weltweiten Emissionen haben.
Hinzu kommt, daß die Förderung und Exploration nach neuen Kohle-, Öl- und Gas-Vorkommen weitergeht. Selbst das grüne Vorbild Norwegen vergibt Explorationslizenzen und weitet die zur Exploration freigegebenen Gebiete weiter nach Norden aus. Die Entwicklungsländer nutzen ihre Bodenschätze sowieso.
Das ist also das Ergebnis von 25 Jahren Energiewende.
Um die für 2035 oder 2045 ausgegebenen Ziele zu erreichen, ist noch viel mehr zu tun als bisher geschehen ist.
Am Stromverbrauch haben die Erneuerbaren erst einen Anteil von ca. 50 %. Und der Strom hat nur einen Anteil von ca. 20 % am Gesamtenergieverbrauch des Landes, also ein Fünftel. Es müssen also noch fünfmal so viele Windräder und fünfmal so viele Solaranlagen gebaut werden, um dem Ziel überhaupt nur nahe zu kommen. Und dann ist das Problem der unzuverlässigen Lieferung noch nicht gelöst. Und der zusätzliche Bedarf durch die hohen Umwandlungsverluste wegen Nutzung speicherfähiger Energieträger.
Aktuelle Schätzungen besagen, daß zur Realisierung der geplanten Energiewende Investitionen in Höhe von 6 Billionen bis 10 Billionen Euro notwendig sind.
Wenn man sich vor Augen hält, daß wir trotz weltweit höchster Steuerquote einen geschätzten Investitionsstau bei der öffentlichen Infrastruktur von ca. 600 Mrd. Euro haben, davon gemäß dem KfW Kommunalpanel 2024 allein 186 Mrd. Euro bei den Kommunen, dann kann man ermessen, was diese Zahl von 6 bis 10 Billionen bedeutet.
Die notwendigen Investitionssummen sind nicht stemmbar, machen die so erzeugte Energie unbezahlbar, zerstören die internationale Wettbewerbsfähigkeit der inländischen Industrie.
Kurz: sie verarmen unser Land.
Ein in Jahrzehnten nach dem Krieg aufgebautes funktionierendes und sicheres Energieversorgungssystem, das enorme Kapitalwerte darstellt, soll radikal zerstört und durch ein Neues ersetzt werden. Die dafür notwendigen Technologien sind teilweise noch gar nicht vorhanden. Dabei wird das bestehende Energieversorgungssystem schon abgebaut, ehe ausreichende Alternativsysteme aufgebaut sind. Die Risiken von neuen Technologien sehen wir derzeit hier bei unseren Wasserstoffzügen.
Die absehbare Umwandlung einer nachfrageorientierten zu einer angebotsorientierten Energieversorgung ist die Folge.
Ich bin mal gespannt, wie der Herr Landrat seinen 1.000-Mann- Betrieb hier organisiert, wenn die Stromversorgung nur noch stundenweise gewährleistet ist und die Arbeitszeiten dann entsprechend zerstückelt sind. Von den Auswirkungen auf die Industrie und die industriellen Prozesse will ich gar nicht reden. …
Eine solche Politik kann nur wollen, wer ein verbohrter Ideologe oder naiv ist oder nicht mehrheitsfähige Vorstellungen von der Zukunft des Landes hat. Diese Zukunft wird ja auch nur ganz versteckt unter dem Stichwort „Degrowth“ diskutiert, so als wäre das ein rein theoretisches Konzept. Aber mit der Energiewende ist es bereits Realität.
Lassen Sie mich noch ein paar Worte zu einzelnen Punkten des vorgelegten „Integrierten Klimaschutzkonzeptes“ sagen:
Grundsätzlicher Schwachpunkt ist, daß es dem herrschenden Narrativ folgt und CO2 als den definitiv wichtigsten Einflußfaktor auf das Klima annimmt.
Die Forschungsergebnisse von tausenden Wissenschaftlern, darunter Nobelpreisträgern lassen Zweifel an dem Narrativ zu.
Eine Politik, die sich allein auf eine von mehreren wissenschaftlichen Meinungen stützt, ist in höchstem Maße zweifelhaft und unverantwortlich. Das gilt natürlich für die Politik der Dekarbo-nisierung insgesamt.
Thema Kosten und Investitionen:
Der HTK ist bereits jetzt der oder einer der höchstverschuldeten Landkreise in Deutschland. Das „Integrierte Klimaschutzkonzept“ macht einen großen Bogen um sämtliche Kosten- und Investitionsbelastungen, die zur Realisierung zu stemmen sind. Insofern ist das ganze Konzept eine realitätsferne akademische Übung.
Allein für das Radverkehrskonzept sollen mehr als 150 Mio. Euro ausgegeben werden. Ob all die eingeplanten Fördermittel von Land und Bund kommen, weiß man nicht.
Angesichts der aktuellen Steuerschätzung und der wirtschaftlichen Entwicklung scheint es ziemlich unwahrscheinlich, daß der Kreis die finanziellen Mittel zur Realisierung aufbringen kann.
Zur Priorisierung der Maßnahmen:
Um ziel- und erfolgsorientiert vorzugehen, wäre es notwendig, die anfallenden Kosten dem mit einer Maßnahme zu erwartenden Nutzen gegenüberzustellen. Hierzu gibt es in dem Konzept keinerlei Daten. Die Priorisierung scheint deshalb auf tönernen Füßen zu stehen.
Beispielsweise kann man bei Gebäudeisolierungen ausrechnen, welche Energieeinsparung bei gegebenen Kosten zu erzielen sind. Das hat Hand und Fuß.
Welchen Nutzen soll man den ganzen Investitionen in das Radwegenetz entgegenstellen. Hier läßt sich kaum eine Zahl ermitteln. Und wir bezweifeln, daß die neuen Radwege die Radnutzung nennenswert erhöhen würden.
Um es kurz zusammenzufassen:
- Das Integrierte Klimaschutzkonzept beruht auf falschen Prämissen.
- Das Konzept ist nicht finanzierbar.
- Die Vorteile des Konzeptes insgesamt sind viel zu gering (einzelne Maßnahmen sind aber durchaus diskutierbar)
Wir lehnen das „Integrierte Klimaschutzkonzept“ ab.
Hinterlasse einen Kommentar